Montag, 29. Juni 2009

Spiel des Staubes

- Wie sie sehen konnte ich nichts dafür. Ich war sozusagen Opfer der Umstände. Naja und des Klimas natürlich.

- Meinen Sie nicht, sie machen es sich damit ein bisschen zu einfach? Welche Umstände denn? Und das Wetter? Ich weiß selbst, dass es in letzter Zeit ziemlich heiß ist, aber das, was Ihnen passiert ist geht doch gar nicht!

- Ich kann mich nur wiederholen. Der Staubsauger ist kaputt gegangen und dann kam dieses heiße Wetter. Die Zeitungen schrieben “Jahrhunderthitze”. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen aber es war schon sehr warm für die Jahreszeit.

- Ja es war heiß wie in der Wüste. Finden Sie das nicht treffend?

- Ja das trifft es so ziemlich.

- Halten Sie sich für witzig? Ich kann über diesen Blödsinn jedenfalls nicht lachen. Fakt ist, Ihre Nachbarin hat sie gestern halb verdurstet gefunden. Sie sagte uns, sie wollte sich nur ein Ei und etwas Zucker von Ihnen leihen. Wie konnte es soweit kommen?

- Ich weiß nicht, vielleicht hat sie es beim Einkaufen vergessen.

Ich meine nicht den Einkauf, ich meine Ihren Zustand! Wie können sie in Ihrer eigenen Wohnung fast verdursten? Mal abgesehen davon, wie es dort drinnen bei Ihnen aussah!

- Wie ich schon sagte. Mein Staubsauger ging vor einiger Zeit kaputt.

- Ich verstehe das nicht. Warum reden Sie ständig von Ihrem Staubsauger?

- Vor ungefähr zehn Tagen ging er kaputt. Genau zu dieser Zeit fing es an, so warm zu werden.

- Das erklärt noch nicht den Zustand Ihrer Wohnung. Wir haben kaum die Türen aufbekommen!

- Jedenfalls hat sich seitdem der Staub angesammelt. Die Hitze schien dies noch zu verstärken. Ich war wie gelähmt und habe mich dem Spiel des Staubes nicht entziehen können. Können Sie mir folgen?

- Nein, aber machen Sie weiter.

- Als sich immer mehr Staub angesammelt hat, ist mir etwas aufgefallen. Das war gar kein Staub, sondern eher ganz feiner Sand. Leider habe ich das erst erkannt, als es zu spät war.

- Ich verstehe kein Wort.

- Ich verstehe das auch nicht. Auf einmal merkte ich, wie die ganze Wohnung bereits mit einem Film aus feinem Sand überzogen war. Der Sand wurde immer mehr, bis die Zimmer einer Wüstenlandschaft glichen.

- Ich glaube das nicht. Selbst wenn es so gewesen sein sollte, warum sind Sie nicht einfach aus ihrer Wohnung geflohen? Wäre ihre Nachbarin nicht zufällig zur Stelle gewesen, wären Sie jetzt höchstwahrscheinlich tot, ist ihnen das klar?

- Haben Sie schon einmal versucht, aus der Wüste zu fliehen? Können Sie sich vorstellen, wie schwer das ist? Und dann noch diese unerträgliche Hitze? Alles hat vor meinen Augen geflimmert! Ich habe es kaum bis zur Haustür geschafft. Waren Sie schon mal 10 Tage in der Wüste? Waren Sie schon mal 10 Tage in der Wüste und haben versucht, zum Horizont zu gelangen?

- Nein. Das war ich noch nicht. Beruhigen Sie sich bitte, ich bin jetzt fertig mit dem Gespräch.

- Warten sie, ich habe noch eine Frage.

- Bitte?

- Wenn wir jetzt fertig sind, könnte ich meine Nachbarin anrufen? Ich bin mir sicher, dass ich noch Eier und Zucker in der Küche habe.

- Nun, leider geht jetzt nicht. Ich werde ihr jedoch eine Nachricht zukommen lassen. Sie kann Sie dann in der regulären Besuchszeit sehen. Bitte folgen sie mir nun in Ihre Einrichtung.




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